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Elementarwerk Tab. 83

Tafel LXXXIII aus der "Kupfersammlung zu J.B. Basedows Elementarwerk": "Historische Vorstellungen. Fortsetzung"
Oben links: "Sokrates nimmt mit ruhiger Seele den ihm bestimmten Giftbecher. Seine Freunde beklagen unruhig sein Schicksal." Oben rechts: "Eine Versammlung von römischen Geistlichen, die im Jahre 1616 das Copernikanische System verdammen, und es den einsichtsvollen Galiläus abschwören lassen." Unten: "Die Parisische Bluthochzeit. Zur Rechten bei dem Palais de Nevers werden Personen beiderlei Geschlechts gemißhandelt und getötet. Bewaffnete Soldaten dringen in die Türen der Hugenotten, davon einer aus dem Fenster seines eigenen Hauses aufgehenkt ist; ein anderer wird herausgeworfen; einige suchen sich in Kähnen oder durch Schwimmen zu retten. Es wird aber nach ihnen aus dem Fenster des Louvres geschossen. In der Ferne sieht man die Königsbrücke."
Wie Tafel LXXIII thematisiert Tafel LXXXIII religiöse Intoleranz. Das Beispiel von Sokrates Tod, der wegen des ihm vorgeworfenen Verbrechens, nicht an die Staatsgötter Athens zu glauben, zum Tode verurteilt wurde, soll die Überlegenheit der philosophischen Haltung gegenüber religiöser Intoleranz verdeutlichen. Obwohl er die Anklage nicht anerkannte und mit Hilfe seiner Freunde hätte fliehen können, nahm Sokrates das Urteil an und starb im Bewußtsein, dass die Wahrheit wichtiger sei als sein Leben. In Chodowieckis Darstellung oben links ist in der Geste des Philosophen, der "mit ruhiger Seele" nach dem Schierlingsbecher "als "Labetrunk" greift, diese philosophische Haltung ausgedrückt. Religiöse Intoleranz unter Christen wird mit der Verdammung des Kopernikanischen Sonnensystems durch die katholische Kirche thematisiert, wobei hier irrtümlich das Jahr 1616 mit der Abschwörung Galileis in Verbindung gebracht wird. 1615 veröffentlichte der Kleriker Paolo Antonio Foscarini ein Buch, das beweisen sollte, dass die Kopernikanische Astronomie nicht der Heiligen Schrift widersprach. Daraufhin eröffnete die Römische Inquisition ein Untersuchungsverfahren. 1616 wurde Foscarinis Buch gebannt. Die in Chodowieckis Darstellung ausgebreitete Karte des Universums mit der Aufschrift "Sistema Cosmica Copernikanum" könnte eine Anspielung auf das Buch sein. Galilei veröffentlichte 1632 seinen "Dialogo di Galileo Galilei sopra i due Massimi Sistemi del Mondo Tolemaico e Copernicano", in dem er das heliozentrischen Weltbild mit seiner Theorie der Gezeiten zu beweisen suchte. In einem 1633 gegen ihn durchgeführten Inquisitionsprozess sah er sich gezwungen, der im Dialogo dargestellten Lehre abzuschwören etc.
Dass religöse Intoleranz zu barbarischen Pogromen führen kann, zeigt das untere Bildfeld, auf dem das Massaker an den Pariser Hugenotten in der Nacht zum 24. August 1572 dargestellt ist. In der Bartholomäusnacht, auch Bluthochzeit genannt, weil kurz zuvor die Hochzeit des protestantischen Heinrich von Navarra mit Margarete von Valois, der Schwester Karls IX., stattgefunden hatte, wurden an die 10 000 Menschen umgebracht, nach dem Pogrom flohen ca. 200 000 Hugenotten in Nachbarländer.
Legenden von C.H. Wolke in: Fritzsch 1909, Bd. 3, S. 31; Beschreibung: Bd. 2, S. 235-237 (Siebtes Buch: Die Elemente der Geschichtskunde)

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Detailangaben

Eintragstyp Bilddokumente
ID 23345
Inventar-Nr. Nh 67690
Sachtitel Historische Vorstellungen
Datierung 1774
Hersteller Daniel Chodowiecki (Zeichnung); Johann Friedrich oder Johann David Schleuen (Radierer)
Beschriftung a) 83 [hs. mit Bleistift] b) D. Chodowiecki [gedr.] c) TAB. LXXXIII. [gedr.] d) Schleuen sc. [gedr.] e) Universitäts-Bibliothek Berlin [Stempel]
Beschriftungsort a) Kartonrand o.r. b) Bildrand u.l. c) Bildrand u.M. d) Bildrand u.r. e) Rückseite
Format Karton 19,7 cm x 25,4 cm; Bild 16,8 cm x 22,2 cm

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